THÜSAC – Feinarbeit im Großformat
Ein Besuch in der Buswerkstatt der THÜSAC in Windischleuba
29. Mai 2021 | Lesezeit: ca. 3 Minute(n)Runde Kulleraugen-Scheinwerfer in einem strahlenden Spoilergesicht mit spitz hervorstehenden Blinkern, die aussehen, als hätte sie eine Kinderhand mit Filzstift auf das Karosserieblech gemalt – das ist das Maskottchen und der Stolz der THÜSAC-Werkstatt Windischleuba. Ein liebevoll restaurierter IFA H6B-Überlandbus mit Anhänger, Baujahr 1965 mit 120 PS. Der Oldtimer ist topfit und fahrtüchtig – schließlich hat er schon viele Besucher*innen begeistert und bereits mehrere Oldtimerpreise eingeheimst.
Michael Dörling, einer der Meister der Buswerkstatt, passt mit seiner Körpergröße von über zwei Metern so perfekt in eine Halle mit überdimensionalen Gefährten wie die Radkappe auf den Felgen. Man merkt: Hier fühlen sich der Mann und sein Team zuhause. "Der Oldtimer ist ein Symbol der Leidenschaft für unseren Beruf und die tägliche Arbeit. Bei modernen und älteren Bussen machen wir hier alles: Wartung und Pflege, Durchsichten, vollumfängliche Reparaturen an Motoren, der Hydraulik- u. Elektrik-Anlage, Scheibenwechsel, Richt- und Lackierarbeiten bei Schadensfällen und last but not least die Reinigung in unserer Waschanlage."
58 Mitarbeiterhände werkeln täglich
Elf KFZ-Schlosser, zwei Mitarbeiter Einkauf und Lager, zwei Meister, zwei Schichtführer und zwölf Auszubildende kümmern sich in Windischleuba täglich darum, dass der Busverkehr im Streckennetz der THÜSAC technisch einwandfrei über die Runden geht. Für diesen Busverkehr sind insgesamt etwa 100 moderne Personenbusse verschiedener Typen im Einzugsgebiet unterwegs, und bis zu sieben Fahrzeuge davon müssen täglich gewartet werden. Die Kraftomnibusse sind hochkomplexe Maschinen mit besonderen Sicherheitsanforderungen. Elektrik, Getriebe, Hydraulik, Abgasreinigung und Motor sind wie bei allen modernen Fahrzeugen sehr eng gepackt. Allein der Ausbau eines Motors kann bei günstigen Bedingungen schon über acht Stunden in Anspruch nehmen.
Fässer statt Kanister
Deshalb fordern die Busse von den Schlossern und Azubis Feinarbeit im Großformat. Müssen beispielsweise Betriebsflüssigkeiten ersetzt werden, bedeutet das den Wechsel von 42 Litern Motorenöl, 30 Litern Getriebe-/Achsölen und nochmals 30 Litern Hydraulik- und 60 Liter Kühlflüssigkeiten – pro Fahrzeug, wohlgemerkt. Dementsprechend dominieren in der Werkstatt die großen Fässer und nicht die Kanister.
Im Unterschied zu einer PKW-Werkstatt gibt es vier langgestreckte Gruben, in denen die Mechaniker Kontrollen und Reparaturen am Fahrzeug vornehmen können. Gerade wird eine Undichtigkeit an der Druckluftbremsanlage gesucht, hierzu werden die Leitungen mit Seifenschaum besprüht. "Wo es Blasen wirft, da ist das Loch. Das ist ausnahmsweise noch so einfach wie beim Fahrrad", schmunzelt Michael Dörling. Eine Hebebühne kann zudem den 12-Tonnen-Trumm von einem Bus zwei Meter anheben, sodass sich die Mitarbeiter darunter frei bewegen und hantieren können.
Anpacker-Mentalität
Der Teileaustausch und Reparaturen sind dabei hochkomplex. Da die Bustypen aus verschiedenen Baujahren stammen – der Älteste aus den Jahren 2001 – müssen die Werkstattmeister täglich bis zu zwei Stunden Servicevorschriften und Anleitungen studieren, da sich über die Jahre viele Ersatzteiltypen verändern. Verschiedene Baujahre und Typen benötigen verschiedene Ersatzteile wie Ventile, Gestänge, Einspritzpumpen, Achsaufhängungen und auch eine Vielzahl an verschiedenen Spezialwerkzeugen. Eine echte Herausforderung für die Meister, Schichtführer und die Lagerhaltung. Zudem besitzt die THÜSAC-Werkstatt auch eine Reihe von Metallbearbeitungsgeräten wie z.B. Drehmaschine, Schlagschere und eine Abkantbank, mit denen die Mitarbeiter Ersatzteile sogar selbst anfertigen können. "Das spart Kosten und macht uns vor allem stolz. Echte Handarbeit und Spezialanfertigung – das kann nicht jede Werkstatt!", sagt Michael Dörling.
Es zischt die Druckluft, es rattern die Drehmomentschlüssel, eine Hydraulikleitung hüstelt, eine Schleifmaschine summt, es feilt, schraubt und hämmert – doch der Busfahrer oder die Busfahrerin bekommt am nächsten Tag davon nichts mit. Er oder sie betritt wie immer die große morgenstille Abstellhalle, öffnet die Tür und startet den gut gepflegten Bus. Die Zufriedenheit der Fahrgäste mit dem Busverkehr ist eben echte Teamarbeit.
Bildquelle: Bertram Bölkow
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