IFTEC – Die Werkstatt für jede Straßenbahn
31. Mai 2021 | Lesezeit: ca. 3 Minute(n)Sie sehen robust aus und rollen auch bei widrigsten Bedingungen durch die Straßen Leipzigs. Doch irgendwann muss jede Straßenbahn einmal komplett durchgecheckt werden – bei der IFTEC GmbH & Co. KG in Leipzig Heiterblick.
Historisches Heiterblick
Alle acht Jahre finden sich Leipzigs Straßenbahnen zwischen Taucha und dem Torgauer Platz am östlichen Ende der Stadt ein. Ein altes Offizierscasino eröffnet ein riesiges Gelände: Zur Rechten ein hochmodernes Gebäude voller Straßenbahnen und zur Linken eine weitere, gewaltige Halle. Schon etwas in die Jahre gekommen ist sie, das gibt Werkstattleiter Frank Waldenmaier zu. "Hier baute man vor dem ersten Weltkrieg noch militärische Flugzeuge, bis der Versailler Vertrag das unterbunden hat. Daraufhin kaufte der Straßenbahnbetrieb die gesamte Anlage und seitdem werden hier Straßenbahnen instand gehalten."
Das neue Gebäude mit seiner modernen Optik aus Gussbeton und Holzfassade ist der ganze Stolz des Betreibers IFTEC, einer Tochtergesellschaft der Leipziger Verkehrsbetriebe und der Siemens Mobility. In ihren Hallen sieht man überall Spezialist*innen am Lackieren, Schleifen und Montieren. Und in einer dieser Hallen steht auch ein Leoliner, eine jener Straßenbahnen also, von denen man hier zwei Prototypen herstellt. Die 48 weiteren Fahrzeuge baute die HeiterBlick GmbH mit Sitz im Leipziger Stadtteil Plagwitz. Seine Fenster sind rausgenommen, die Stühle abmontiert. Elektronik liegt offen wie auf dem OP-Tisch der Chirurgie.
Von vielen Bahnen bleibt nur das Grundgerüst stehen
Der Wagen sei aus den "Neunzigern und schon das dritte Mal bei uns", erzählt der Werkstattleiter und ergänzt "den hier müssen wir komplett auseinandernehmen". Je nach Alter der Straßenbahnen sind die Techniker*innen dafür verantwortlich, die Bahnen für den regelmäßigen Betrieb in den kommenden acht Jahren fit zu machen. Ältere Trams werden auseinandergenommen, Verschleißteile ersetzt, Fenster und Sitze gereinigt und schließlich alles wieder zusammengebaut. Bei neueren Bahnen werden außerdem die Elektronik geprüft und kosmetische Anpassungen im Interieur vorgenommen.
Straßenbahn-TÜV nach 8 Jahren
Der Vorgang muss vor allem eines sein: wirtschaftlich. Ist die Instandhaltung rechnerisch in weiteren acht Jahren zur nächsten Inspektion zu teuer, wird beim Fahrzeugeigentümer LVB ein Neukauf geprüft.
Die aus der ehemaligen Tschechoslowakei stammenden Tatra-Bahnen prägen das Leipziger Straßenbild schon seit Jahrzehnten. "Genau genommen schon seit einem halben Jahrhundert", sagt Frank Waldenmaier. Doch man solle sich keine Illusionen machen: "Die ältesten Tatras im Fahrbetrieb sind von 1982." Und von denen sei nur noch das Stahlgerüst im Originalzustand. Die Instandhaltung dieser alten Bahnen werde zunehmend schwierig. "Vor allem die Ersatzteilbeschaffung wird immer teurer" stimmt der Werkstattleiter leise den Abgesang auf die Tatras an. Die letzten ihrer Art werden circa Mitte der 2020er Jahre durch Leipzig fahren – danach nur noch als Museumsbahn.
Zukunftsaussichten mit IFTEC: es rollt
Die Fahrgastzahlen in Leipzig nehmen zu und darauf reagieren die Leipziger Verkehrsbetriebe mit einer Flottenvergrößerung – allerdings nicht in Zahlen auf der Flottenliste, sondern bei der Länge und den Modellen der Bahnen. "Eine neue XL-Bahn ersetzt vom Fassungsvermögen her mindestens zwei alte Tatras", weiß der Tramexperte Waldenmaier. Zudem sind die neuen Bahnen entgegen der landläufigen Meinung recht wartungsarm. Allerdings braucht es zunehmend neue Kompetenzen, wenn die ersten neuen Bahnen zur Instandhaltung einrollen.
"Deshalb entstehen bei uns attraktive Ausbildungsplätze für junge Leute, die sich als IT-Systemelektroniker*innen und Mechatroniker*innen in die Zukunft der Mobilität einbringen wollen", sagt der Herr über die Hallen stolz, der zwischendurch alle Kollegen*innen mit "Mahlzeit!" grüßt, obwohl es erst kurz vor 9 Uhr ist. Denn hier arbeiten Frühaufsteher*innen. Es geht professionell und kollegial zu, dazu laut und lebendig. "Der öffentliche Nahverkehr wird immer wichtiger. Deshalb werden wir auch in Zukunft gut zu tun haben!"
Bildquelle: Bertram Bölkow
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