Psst! Geheimtipps für Deinen nächsten Ausflug in Mitteldeutschland
8. September 2025 | Lesezeit: ca. 6 Minute(n)Abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten warten im MDV-Gebiet Orte, die selbst vielen Einheimischen unbekannt sind. Manche erzählen von vergessenen Kapiteln der Geschichte, andere überraschen mit stiller Schönheit oder ungewöhnlichen Geschichten. Wir haben uns auf die Suche nach genau solchen Zielen gemacht.
Tipp 1: Nietzsches Grab in Röcken
Was kaum jemand weiß: Circa 20 Kilometer südwestlich von Leipzig liegt das Grab eines der berühmtesten deutschen Philosophen. Röcken, ein kleines Dorf mit gerade einmal 600 Einwohnern, ist untrennbar mit dem Namen Friedrich Nietzsche verbunden. Hier wurde er 1844 geboren und 1900 im Familiengrab an der romanischen Dorfkirche von seiner Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche beigesetzt. Nach ihrem Tod fand auch sie hier ihre letzte Ruhe – direkt neben ihrem Bruder. Nietzsche selbst hätte ein Grab in geweihter Erde sicher nicht gefallen. Er verstand sich als Atheist, wenn nicht sogar als antichristlich. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sein Grab all die Jahrzehnte von großen Pilgergruppen verschont blieb.

Dichter Christian Morgenstern schrieb dazu in einem Brief an Elisabeth Förster-Nietzsche 1900: „Möchte Friedrich Nietzsche immer in Röcken ruhen dürfen; wer zu ihm will, wird ihn auch an diesem weltfernen Ort finden."
Das tun aber glücklicherweise dann doch nicht so viele Menschen. Gut für alle, die heute auf der kleinen Holzbank an der Mauer zur Gedenkstätte in Ruhe ihren Gedanken nachhängen wollen.
Dieser fast vergessene, romantische Ort wäre um ein Haar für immer verschwunden. Um die Jahrtausendwende erwog die MIBRAG, die Braunkohle unter Röcken abzubauen. In diesem Fall hätten Dorf, Kirche und Grab dem Bagger weichen müssen. Das wiederum wäre sicher nach Friedrich Nietzsches Geschmack gewesen. Im Kern war er schließlich immer der Meinung, dass „(D)er Mensch leidet, weil er Dinge zu besitzen und zu behalten begehrt, die ihrer Natur nach vergänglich sind.“
Anreise: Ab Leipzig Hauptbahnhof mit dem R15 bis Weißenfels, dann Bus 781 Richtung Lützen/Röcken.
Mehr Infos: www.nietzsche-gedenkstaette.de
Tipp 2: Kurz hinter Lützen ist Schweden? Halbwahr.
Am Ortsausgang der Stadt Lützen, direkt an der B87, liegt das Gelände der Gustav-Adolf-Gedenkstätte. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, dass dies schwedisches Staatsgebiet sei. Das stimmt zwar nicht, zeigt aber, wie eng der Kontakt der schwedischen Krone zur Region ist. Die Geschichte des schwedischen Königs Gustav II. Adolf und dessen Tod in der Schlacht bei Lützen kennt in Schweden jedes Kind.
Außerdem ist die schwedische Königsfamilie eng mit der Region verbunden. Königin Silvia von Schweden wurde in Heidelberg unter dem Namen Silvia Renate Sommerlath geboren. Einige ihrer Verwandten leben noch heute in Markleeberg bei Leipzig. Auch zu DDR-Zeiten hielt sie den Kontakt zur Familie. Königin Silvia engagiert sich besonders für den Schutz von Kindern. 2018 eröffnete sie in Leipzig ein Childhood-Haus ihrer World Childhood Foundation.
Der Tod des Königs Gustav II. Adolf
Am Morgen des 16. November 1632 beginnt auf den Feldern nordöstlich von Lützen eine der blutigsten Schlachten des Dreißigjährigen Krieges. Insgesamt rund 35.000 Soldaten kämpfen gegeneinander. Auf der einen Seite steht das kaiserlich-katholische Heer unter Albrecht von Wallenstein, auf der anderen das schwedisch-protestantische unter seinem König Gustav II. Adolf.
Der Schwede stirbt in den Wirren der Schlacht, erst von einer Kugel schwer an der Schulter verletzt und später von einem feindlichen Trupp gepanzerter Reiter gejagt, erschossen und geplündert.

Der Leichnam des Königs wird erst am Abend geborgen. Bevor man ihn in Weißenfels seziert und balsamiert, bringen ihn seine Gefolgsleute für eine erste Reinigung in die Kirche Meuchen bei Lützen.

Ein Museum für eine Schlacht ohne Sieger
Am Reformationstag 2024 eröffnete auf dem Gelände der Gustav-Adolf-Kapelle das Museum Lützen 1632. Das Haus ist Museum und Gedenkstätte zugleich. Als Museum erklärt und deutet das Haus die politische und militärische Lage von 1632. Als Gedenkstätte erinnern die ausgestellten Überreste der 47 Soldaten an die bis zu 9.000 Toten der Schlacht bei Lützen – einer Schlacht ohne Sieger in einem Krieg zweier christlicher Konfessionen.
Geschichte der Gedenkstätte
Schon 1632 stellten seine Anhänger an der Stelle, wo der König fiel, zum Gedenken einen großen Findling auf. In den nachfolgenden Jahrhunderten kamen noch etliche „Erinnerungsbauwerke“ hinzu. 1837 bekam der Stein einen Baldachin – entworfen vom preußischen Stararchitekten Karl Friedrich Schinkel. 1906 stiftete das schwedische Konsulpaar Oskar und Maria Ekman auf dem gleichen Gelände die Gustav-Adolf-Kapelle. Sie wurde nur ein Jahr später eingeweiht.
Anreise: Mit dem RE15 bis zum Bahnhof Weißenfels. Von dort läuft man bis zum Busbahnhof. Der Bus 781 Richtung Kleingörschen nehmen und an der Haltestelle Lützen-Gedenkstätte aussteigen.
Mehr Infos: https://erlebnis-luetzen.de/
Tipp 3: Die Goitzsche und der rote Turm in Pouch
Der kleine Ort Pouch liegt idyllisch zwischen dem Muldestausee und dem Großen Goitzschesee auf einer schmalen Landzunge. Das war nicht immer so. Früher war er eingequetscht zwischen zwei Braunkohlerevieren, mitten in einer industriellen Mondlandschaft. Doch seit der Flutung der Tagebaurestlöcher vor über 20 Jahren erholt sich hier die Natur. Die „Goitzsche“, wie der große Bitterfelder See liebevoll genannt wird, hat sich zu einem echten Naherholungsgebiet entwickelt. Im Sommer kann man hier super an den zahlreichen Stränden baden. Außerdem ist sie ein Paradies für Angler. Der über 45 Meter tiefe See ist mittlerweile Heimat zahlreicher heimischer Fischarten wie Hecht, Zander, Wels und Schleie – ein Zeichen für eine gute Wasserqualität.

Zu den Sehenswürdigkeiten in Pouch zählt der Rote Turm, der auf eine lange Geschichte zurückblickt. Einst war er Teil einer Burg, die bereits 981 vom Bischof und Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg erwähnt wurde. Die Burg verlor im Laufe der Zeit ihre Bedeutung und an ihrer Stelle entstand nach und nach ein Wohnschloss mit drei Türmen und etlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Die Anlage liegt erhöht auf einem Hügel mitten in einem weitläufigen Landschaftspark. Von der Aussichtsplattform des 30 Meter hohen Turms haben Sie einen herrlichen Blick auf die Umgebung.
Im Moment wird das Schloss saniert und zu einer Wohnanlage umgebaut und im gleichen Atemzug wird der Schlosspark erstmals dauerhaft für die Öffentlichkeit als zentraler Treffpunkt zugänglich gemacht. Hierdurch ist aktuell der Zugang zum Roten Turm nicht möglich, was voraussichtlich bis Mitte 2026 andauern wird.
Tipp: Vom 12.–14. September 2025 findet in Bitterfeld das OSTEN UNTER STROM statt. Nach eigenen Angaben ist es „ein Festival für Kunst und gegenseitiges Interesse. Es erforscht und feiert "den Osten" als Landschaft der Veränderungen für Mensch, Natur und Zusammenleben.“ Ein Ausflug nach Pouch lässt sich super mit dem Besuch des Festivals verbinden.
Anreise: Die S-Bahn-Linie S2 fährt im Halbstundentakt nach Bitterfeld. Vom Bahnhof in Bitterfeld fährt jede Stunde ein Bus nach Pouch. (Achtung! MDV-Tickets gelten im MDV-Nord nicht im Busverkehr.)
Mehr Infos: www.anhalt-dessau-wittenberg.de/staedte-sehenswuerdigkeiten-landschaften/roter-turm-pouch
Fotos: Adobe Stock; Peter Eichler; Gemeinde Muldestausee
Weitere Artikel
Stöbere im MDV-Magazin für weitere interessante Artikel: