Autonomes Fahren – mit FLASH in die Zukunft der Mobilität

15. Juli 2021 | Lesezeit: ca. 4 Minute(n)
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Der Landkreis Nordsachsen zeigt, wie die Mobilität der Zukunft aussieht. Der automatisierte FLASH-Bus wird ab 2022 Fahrgäste zwischen dem Bahnhof Rackwitz und dem Parkplatz an der Schladitzer Bucht chauffieren. 

FLASH ist nicht länger einfach nur das englische Wort für Blitz. Ab sofort steht es auch für die Zukunft des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Dahinter verbirgt sich die Bezeichnung des Pilotprojekts "FahrerLoses Automatisiertes SHuttle". Ein bisschen was von einem Blitz hat der Bus, der bald mitten im Gebiet des MDV im Landkreis Nordsachsen unterwegs sein wird, aber schon. Mit bis zu 70 km/h wird er seine Fahrgäste vom Bahnhof Rackwitz an die bei Ausflügler*innen beliebte Schladitzer Bucht fahren. "Damit gehört er zu den schnellsten automatisiert fahrenden Bussen in der deutschen ÖPNV-Landschaft", erklärt Mirko Taubenreuther nicht ohne Stolz. Er ist Fachbereichsleiter Automated Driving Functions bei der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr GmbH (IAV), der Innovationsschmiede in Sachen Mobilität der Zukunft. Am Chemnitzer Standort, wo seit mehr 20 Jahren automatisiertes Fahren entwickelt wird, haben die Ingenieur*innen und Techniker*innen von IAV auch FLASH aus der Taufe gehoben. 

Mirko Taubenreuther vor dem FLASH-Bus

Im Inneren von FLASH wird den Fahrgästen wahrscheinlich eine flache Box auffallen, die neben den Einzelsitzen montiert ist. In ihr befindet sich High-Performance-Rechentechnik. Sie ist sozusagen das "Gehirn" des Fahrzeugs: Hier werden alle Informationen zu den Linien gespeichert, hier laufen alle Signale und Informationen zusammen, werden blitzschnell verarbeitet und in die Steuerung umgesetzt. Ansonsten unterscheidet sich der Innenraum des Busses nicht von anderen modernen Fahrzeugen des öffentlichen Nahverkehrs: Es gibt Sitzplätze für mobilitätseingeschränkte Menschen, Panoramaverglasung, automatisch ausfahrbare Trittstufen und WLAN-Router für kostenfreies Surfen über das Handy oder Tablet. 

Die vielen Augen von FLASH

Wenn man den Bus, in dem 21 Menschen Platz finden, von außen betrachtet, kann man jedoch ein paar Details entdecken, die FLASH von anderen Bussen unterscheidet. Taubenreuther geht in die Hocke und zeigt auf die beiden Ecken am Heck des umgerüsteten VW Crafter. "Sehen Sie die leicht vorstehenden schwarzen Gehäuse mit dem halbrunden Glaszylinder? Dahinter verbirgt sich ein Radar und ein Laserscanner. Davon gibt es an jeder Ecke vom Bus einen – zusammen mit den Kamerasystemen, die einen 360-Grad-Blick ermöglichen, sind das die 'Augen' von FLASH."

Sensor am Heck

Mit diesen Augen und weiteren Sensoren auf dem Dach sowie an der Front und am Heck erkennt der Bus Hindernisse und andere Verkehrsteilnehmende. Bei Regen oder Nebel ergänzt das Radarsystem den Laser. Und wenn nicht? Taubenreuther kennt diese Fragen. Er beruhigt: "FLASH startet mit Sicherheitspersonal an Bord, das die Steuerung des Busses problemlos übernehmen kann, wenn das Steuerungssystem an seine Grenzen kommt, besonders in komplexen, nicht so übersichtlichen Verkehrssituationen."

Das große Ganze im Blick

Hybrides Steuerungskonzept nennt man das. Der Computer ist zwar unglaublich smart und schnell, aber im Notfall kann der Mensch jederzeit manuell eingreifen. Aktuell beginnen übrigens Sicherheitsfahrer*innen ihre Spezialausbildung.

Das Ziel des automatisierten Fahrens ist freilich, dass kein menschliches Eingreifen nötig ist – wenn das System einwandfrei funktioniert. Damit das gelingt, wird FLASH zunächst das tun, was auch Menschen tun, wenn sie eine Fähigkeit perfektionieren wollen: Üben, üben, üben. Je mehr verschiedene Fahrmanöver ausprobiert werden, desto besser. Mit jedem Kilometer, den FLASH zurücklegt, sammeln die IAV-Ingenieur*innen wichtige Erfahrungen und Informationen. Irgendwann werden autonom fahrende Busse und Shuttles auf der Straße dann ein ganz normaler Anblick sein.

Aber wozu das Ganze? Auch diese Frage ist für Mirko Taubenreuther nicht neu. "Es geht um nicht weniger als die Zukunft des ÖPNV", sagt er. Das klingt zunächst ein wenig dramatisch, ergibt aber durchaus Sinn, wenn man das große Ganze in den Blick nimmt.

FLASH steht für Mobilität in der Fläche

So sieht der FLASH-Bus von innen aus

In Zeiten des Klimawandels, des Fachkräftemangels und der Einsparung von CO2 wird dem öffentlichen Personennahverkehr als Alternative zum Individualverkehr mehr denn je eine entscheidende Rolle zukommen. Es wird darum gehen, den Menschen auch im ländlichen Raum, attraktive und nachhaltige Beförderungsmöglichkeiten innerhalb und auch außerhalb des regulären Linienverkehrs anzubieten. Entlang der großen Magistralen und in ländlichen Gegenden kann dies kostendeckend aber nur mit flexiblen autonomen Fahrzeugen gelingen, bei denen keine hohen Personalkosten anfallen. "Nachhaltigkeit ist hier ein ganz zentraler Begriff", sagt Taubenreuther und fügt hinzu: "Unsere Auftraggebenden, in dem Fall der Landkreis Nordsachsen, planen hier weit in die Zukunft. Die Weichen in Sachen Mobilität werden jetzt gestellt."

Eines ist sicher: Verkehrsunternehmen werden sich erst dann für autonom fahrende Busflotten entscheiden, wenn sie sehen, dass der Betrieb unter realen Bedingungen wirklich funktioniert und eine rundum kauffähige Lösung vorliegt. Der Betrieb von FLASH auf der circa vier Kilometer langen Strecke zwischen dem Bahnhof Rackwitz und dem Parkplatz an der Schladitzer Bucht leistet einen wichtigen Beitrag zur Realisierung des autonomen Fahrens in der Praxis. Hier beginnt die Zukunft.

Weitere Infos zum Projekt unter www.flash-bus.de

Bildquelle: Bertram Bölkow


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